Dienstag, 20. Mai 2014

Pflegekinder...Möglichkeit und Herausforderung

Wir sind auf recht ungewöhnlichen Wegen zu unsere Pflegetochter gelangt. Es war keine bewusste Entscheidung, vielmehr Bestimmung. Hätten wir nicht durch Zufall die Krisenpflegeeltern unserer Maus kennengelernt, hätten wir gar nicht weiter über das Thema Pflegschaft nachgedacht.
Heute ist mir klar, dass das Wort "Pflegschaft" daran schuld war. Es hatte so etwas Vorübergehendes.
Und selbst heute noch denken einige Leute, dass die Maus nur zur Pflege, eben nur für einen bestimmten Zeitraum bei uns ist. Das ist so nicht richtig.
Es gibt die Kurzzeitpflege, die Verwandtschaftspflege und die Dauerpflege.
Kurzzeitpflegeeltern bekommen das Kind sofort nach einer Herausnahme des Kindes durch das Jugendamt. In der Regel für einen Zeitraum für bis 3 Monaten. Bis dahin sollte im Idealfall geklärt sein, ob das Kind in die Herkunftsfamilie zurückkehren kann, oder auf Dauer anderweitig untergebracht werden muss.
Bei der Verwandtschaftspflege übernehmen Angehörige des Kindes. Hierzu braucht es keine Qualifikation durch das Jugendamt.
Dauerpflegeeltern werden ein knappes Jahr durch das Jugendamt überprüft. Es werden Gespräche geführt und Hausbesuche gemacht. Zusätzlich wird für ein halbes Jahr eine Pflegeelternschule absolviert.
Bei unserer Maus wurden aus der Kurzzeitpflege lockere 12 Monate, bis das Jugendamt feststellte, dass sie nicht zu ihren leiblichen Eltern zurückkehren kann. Bürokratiemühlen mahlen langsam und nehmen keine Rücksicht darauf, dass sich das Kind an seine Kurzzeitpflegeeltern gewöhnt, umso länger es dort untergebracht ist. Nicht alle Kinder haben das Glück, dass sich die abgebenden Pflegeeltern und die aufnehmende Dauerpflegeeltern (wir) vorher kennen. Das war bei uns die absolute Ausnahme und erleichterte den erneuten Abbruch, nachdem sie Geborgenheit bei ihren Krisenpflegeeltern  erfahren hatte.

Für uns war es sehr wichtig, die Maus nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer aufnehmen zu können. "Auf Dauer" trifft es auch hier nicht. Wir wollten das Kind FÜR IMMER bei uns aufnehmen eine vorübergehende Aufnahme hätte nicht nur ihr, sondern auch unserer leiblichen Tochter sehr geschadet. Als das musste bedacht werden.
Doch ich möchte nochmal zurück zum Begriff  "Dauer" kommen. Dauerpflegekinder werden in Familien aufgenommen, mit dem Ziel dort zu leben, bis sie wenigsten volljährig sind. Salopp gesagt, genauso lange oder kurz wie leibliche Kinder.
Wo ist denn da der Unterschied zur Adoption?
Pflegekinder können aus den verschiedensten Gründen nicht adoptiert werden. Meist sträubt sich zumindest ein Elternteil gegen die Freigabe. Obwohl sie oft keinerlei Kontakt zu ihrem Kind halten oder auch wegen unterschiedlichen Geschehnissen (z. B. Drogensucht, verminderte Erziehungsfähigkeit, Misshandlung, Verwahrlosung) das Sorgerecht nicht wiedererlangen.
Ich bin kein Psychologe, kann nur mutmaßen, dass dieser endgültige Schritt nicht zu leisten ist. Obwohl keine emotionale Bindung besteht, können sie nicht endgültig loslassen.
In der Regel bleiben die Kinder in ihrer neuen Familie.
Es soll und darf aber nicht verschwiegen werden, dass es auch einige Fälle gab und gibt, in denen das Kind trotz Dauerpflege wieder zurückgeführt wurde.
Ich kann und will mir das gar nicht vorstellen. Wenn die leiblichen Eltern tatsächlich einen Weg gefunden haben, ihr Kind wieder eigenverantwortlich groß zu ziehen, dann mag das seine Berechtigung haben. Leider gibt es aber auch andere Fälle, in denen das Kind wieder herausgenommen werden muss, weil es eben doch nicht funktioniert. Die Kinder sind dann oft traumatisiert, Bindungsängste verstärken sich.
Wer es mit diesem Wissen doch angeht, sich eines ganz besonderem Kindes anzunehmen, hat meine Hochachtung.
Einen unerfüllten Kinderwunsch so zu bekämpfen, will wohl durchdacht sein. Und doch sehe ich darin durchaus die Chance eine einzigartige Bindung aufzubauen, die auch ohne Blutsverwandtschaft entstehen kann. Eines darf jedoch nie vergessen werden. Pflegekinder sind "Wundertüten". Das meine ich nicht abwertend.
Die Kinder haben alle Wunden davon getragen. Viele davon sieht man nicht. Genau die sind es, die auch uns täglich vor neue Herausforderungen stellen. Für uns ist sie unser Kind, genau wie die anderen zwei leiblichen Kinder. Sie ist sehr lieb, hilfsbereit und stolz, ein vollwertiges Mitglied unserer Familie zu sein. Das macht vieles wett. Wir freuen uns, dass sie ihren Weg zu uns gefunden hat!

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