Samstag, 17. Mai 2014

Ist unser Sohn behindert?

Unser Murkel durfte nach den üblichen drei Tagen nach der Entbindung mit uns nach Hause. Die Freude war riesig, die Mädels konnten ihre Hände nicht von ihrem Brüderchen lassen.
Für uns war soweit alles normal. Der Kleine schlief, weinte und trank....so wie jedes andere Neugeborene auch.
Als ich jedoch an Tag 3 zu Hause tief in seine Augen sah, bemerkte ich etwas Seltsames: In beiden Augen zeigte sich in der Mitte der Pupille ein winziger heller Punkt. Ich hielt es zuerst für eine Spiegelung und ging mit ihm zum Licht. Doch die Punkte blieben. Beunruhigt holte ich meinen Mann. Der sah es nun auch und hatte keine beruhigende Erklärung parat. Am selben Tag kam die Nachsorgehebamme und wurde gleich mit Fragen bombardiert, ob das denn normal wäre. Sie blieb ganz ruhig und schätze sich ausgiebig seine Augen an. Dann folgte ein Kopfschütteln. So etwas hatte sie in den 20 Jahren ihrer Tätigkeit noch nie gesehen.
Angst kroch in mir hoch. Kaum war sie weg, setzten wir uns ans Internet. Schnell wurden wir fündig: Unser Murkel hat einen beidseitigen Katarakt, auch Grauer Star genannt.

Mir blieb die Luft weg, die Tränen stiegen mir in die Augen. Das konnte, das durfte doch nicht wahr sein! Wieso hatte das im Krankenhaus niemand gesehen? Was hieß das für unser Kind? Weitere Recherchen ergaben, dass es sich um eine Fehlbildung der Augen handelt, die bereits im Mutterleib entwickelt wird. Es ist selten, doch nicht Einzigartig.
Den grauen Star kannte ich nur als altersbedingte Augenkrankheit. Doch die Auswirkungen waren die gleichen: Ohne Operation droht Erblindung.
Es war Wochenende, als wir das alles herausfanden. Wir wollten Gewissheit, sofort.
Nach einigen Telefonaten, bekamen wir tatsächlich einen Termin bei unserer Augenärztin. Sie war sehr verständnisvoll, traute sich jedoch keine Prognose zu, da sie auf dem Gebiet keine Erfahrung hatte.
So fuhren wir in die Augenklinik, warteten viele zermürbende Stunden in der Natfallbehandlung und waren dankbar, dass wir die Kinder so kurzfristig fremd betreuen lassen konnten. Dann waren wir endlich an der Reihe. Nach zahlreichen Untersuchungen kam die Diagnose : grauer Star auf beiden Augen. Allerdings waren die Punkte so zentral und winzig, dass er damit sehen lernen konnte.
Welche Erleichterung! Wieder liefen die Tränen. Dieses Mal vor Erleichterung. Wir wurden an unsere Augenärztin verwiesen, die alle drei Monate nachschauen sollte, ob sich etwas verändert hatte.
Zehn Monate wähnten wir uns in Sicherheit. Er schielte zwar oft, doch das war in dem Alter nicht ungewöhnlich, teilte man uns mit. Dann kam die erneute Routineuntersuchung. Und der Schock: der Star war gewachsen.

Wieder fuhren wir bangen Herzens zu den Spezialisten in die Augenklinik. Dieses Mal war der Besuch ernüchternder. Murkel musste operiert werden, sonst drohte die Erblindung. In unserem "Fall" hieß das, dass ihm beide Augenlinsen entfernt werden mussten.
Ich war verwirrt. Wie kann man ohne die Linsen sehen? Ich ging mein spärliches Wissen durch. Die Linse brach das Licht und ermöglichte das Scharfsehen. Das war alles, was ich mit Bestimmtheit wusste.
Letztendlich, so klärte man uns auf, könne ein Baby ohne Linsen, nie sehen lernen. Es braucht Linsen. Künstliche Linsen, wie sie oft beim Katarakt verpflanzt werden, kamen jedoch nicht in Frage. Das Auge des Kindes wächst noch. Die Linse müsste mehrmals ausgetauscht werde. Das geht beim Auge nicht, zumindest nicht mehrmals. Und nun?
"Er bekommt nach der Operation Kontaktlinsen, die sie entsprechend einsetzen und wieder herausnehmen müssen", lautete die Auskunft.
Ich war schockiert. Ich hatte bei mir selbst oft Kontaktlinsen gewechselt. Doch bei einem Baby?
Es folgten insgesamt 3 Operationen. Erst wurden beide Linsen entfernt. Dann wurden die Augen vermessen und vorläufige Linsen angepasst. Die letzte OP diente dem Fädenziehen.
Er ließ alles tapfer über sich ergehen. Selbst die desolaten Zustände bei unserem stationären Aufenthalt lächeltet er weg.
Danach bekamen wir eine Einweisung, wie die Linsen einzusetzen und zu entfernen sind.
Leider war es damit noch nicht getan.
Lest im nächsten Blog, was für Herausforderungen uns nach der OP bevorstanden und wie wir alle darum kämpften, ein normales Familienleben zu führen....

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